Wir brauchen „Bio 2.0“ – KOMM-Absolvent Günter Stöffelbauer über Nachhaltigkeit in der Kosmetikindustrie

Günter Stöffelbauer ist Absolvent des Diplomstudiengangs Kommunikationswirtschaft der FHWien der WKW. Nach einer rasanten internationalen Karriere bei einem der größten Kosmetikkonzerne weltweit führt er seit 2015 erfolgreich sein Naturkosmetik-Unternehmen „dieNikolai“, das auf Demeter-zertifizierte Kosmetik mit Rohstoffen aus regionalem Anbau spezialisiert und bereits in acht Ländern vertreten ist. Wir haben ihn zum Interview gebeten.
Lieber Günter, was hat dich dazu bewegt, von der konventionellen Kosmetikbranche in die Naturkosmetik zu wechseln?
Ich war damals Marketingleiter für eine kleinere Marke in der Konzernzentrale in Düsseldorf, als mein ehemaliger Schulkollege Martin Saahs, mit dem ich die HLA für Umwelt & Wirtschaft – übrigens die erste „Öko“-Schule in Österreich – mit einer Idee auf mich zukam. Er kommt von Österreichs ältestem Weingut, dem Nikolaihof Wachau, welches bereits seit 50 Jahren, als eines der ersten Weingüter der Welt, streng biologisch wirtschaftet. Während sein älterer Bruder das Weingut übernahm, hatte Martin die Idee, die bisher unverarbeiteten Ressourcen aus den eigenen Weingärten wie Traubenkerne, Safran oder Lindenblüten zu nutzen. Traubenkernöl mit seinem hohen Gehalt an Vitamin E ist bekannt für seine „Anti-Aging“-Wirkung. Die Idee, die erste Demeter-zertifizierte Bio-Traubenkosmetik der Welt zu entwickeln, gepaart mit dem großen Trend in Richtung Naturkosmetik, klang für mich erfolgsversprechend.

Eure Kosmetikmarke „dieNikolai“ ist Demeter-zertifiziert. Wie unterscheidet sich „Demeter“ vom ganz „normalen“ Bio?
Grundsätzlich muss man dazu wissen, dass die Demeter-Zertifizierung das höchste Gütesiegel im Bereich Bio darstellt. Anders als bei den diversen Bio-Kosmetika, die es derzeit auf dem Markt gibt, sind hier keine konventionellen Inhaltsstoffe erlaubt. Alle Rohstoffe müssen den Demeter-Kriterien entsprechen. Im Gegensatz dazu dürfen Produkte schon dann als „Bio“ gekennzeichnet werden, wenn bereits nur einer der Inhaltsstoffe biologisch produziert ist, alle anderen können aus konventioneller Produktion stammen. Heutzutage gibt es bereits über 200 Biosiegel allein im Lebensmittelbereich. Wie sollen sich KonsumentInnen da noch auskennen? Einheitliche staatliche Kontrollen gibt es kaum im Bio-Bereich, für Naturkosmetik existiert nicht einmal eine EU-weite Begriffsdefinition. Wir brauchen hier dringend „Bio 2.0“, um einen Ausweg aus dem Bio-Dschungel zu finden. Mit Demeter, dem ältesten und strengsten Gütesiegel der Welt, ist man hier jedenfalls auf der sicheren Seite.
Nachhaltigkeit geht bei euch über das Produkt selber hinaus. Wie gestaltet sich euer ganzheitlicher Ansatz?
Das Wort Nachhaltigkeit als einer der aktuellen Mega-Trends wird heutzutage viel zu oft verwendet. Deswegen hatte ich in der Vergangenheit immer etwas Bauchweh, diesen Begriff in unserer Unternehmens- und Produktkommunikation zu verwenden. Viele Unternehmen stellen sich in der Öffentlichkeit als nachhaltig dar, produzieren Nachhaltigkeits- und CO2-Berichte und kommunizieren diese nach außen, ohne wirklich im Grunde genommen zu hinterfragen, was nachhaltiges Wirtschaften eigentlich bedeutet. Für uns war die Frage, ganzheitlich nachhaltig zu arbeiten, nie ein Thema. Durch unsere Herkunft von einem Demeter-Weingut, das schon lange vor dem Bio-Trend rein biologisch arbeitete, ist es sozusagen in unserer DNA. Das bedeutet Nachhaltigkeit in allen Produktionsbereichen – von der Saat bis hin zur Verpackung. Fast alle unsere Rohstoffe werden selbst produziert, die Produkte werden handverarbeitet statt in Rührmaschinen, was die Wirkungsweise der Inhaltsstoffe immens erhöht. Bei der Verpackung verwenden wir Recyclingmaterialien, das meiste wird in Glas abgefüllt und die Überverpackung ist aus recyceltem Papier, das wird übrigens auch im Büroalltag verwenden – und die gesamte Wertschöpfung bleibt in Österreich.

Zuletzt noch eine Frage zur Vermarktungsstrategie: Wie erreicht ihr eure KundInnen, wo gibt es dieNikolai zu kaufen und wie sieht die Zukunft aus?
Mit unseren Nischenprodukten war der Massenmarkt nie unser Ziel. Die Demeter-Zertifizierung untersagt uns sogar, im konventionellen Handel gelistet zu sein. Bei unserer Vermarktungsstrategie sprechen wir vor allem Frauen der Zielgruppe 40+ an, die zu überlegen beginnt, ob Produkte der Massenindustrie mit konventionellen Inhaltsstoffen wirklich hautverträglich und damit geeignet für die tägliche Gesichtspflege sind. Wir setzen bei unserer Kommunikationsstrategie auf KonsumentInnen-Kommunikation, die auch den „ethischen Konsum“ im Mittelpunkt hat, d.h. ökologischer Fußabdruck sowie Verträglichkeit für den eigenen Körper. Dies erfolgt vor allem über die persönlichen Kanäle wie Social Media, E-Mail-Marketing und persönliche Beratung – hier setzen wir besonders auf eine exzellente Schulung unseres Verkaufspersonals. Zu kaufen gibt es uns online sowie in ausgesuchten Reformmärkten, Bioläden oder Apotheken in ganz Österreich. Derzeit sind wir in acht Ländern, nämlich unseren Nachbarländern, vertreten. Expansionsüberlegungen nach Übersee gibt es bereits.
Danke für das aufschlussreiche Interview, wir wünschen der Nikolai und dir alles Gute für eine weiterhin erfolgreiche Zukunft!
Alle Infos & Vertriebspartner: www.dieNikolai.at