Schultz-Vortrag: Social-Media-Nutzung steigt, Markentreue sinkt.
Gestern, Donnerstag (25.4.2013), war es wieder soweit: Marketing-Experte Don Schultz stellte mit seinem Vortrag „Can Social Media be ‚Killing Brands‘?“ die allgemeine Web-Euphorie in Frage. In Kooperation mit dem Marketing Club Österreich lud das Institut für Kommunikation, Marketing & Sales der FHWien der WKW bei frühsommerlichen Temperaturen zu einer Diskussion über den Dächern Wiens. Während die Sonne über dem 18. Bezirk unterging, mussten sich rund 120 ZuhörerInnen fragen: sinkt auch die Macht großer Marken?
Die Basis von Schultz‘ Analysen bot ein Online-Survey mit über einer Million Antworten von rund 22.000 US-amerikanischen Konsumenten. Die Daten zum Kaufverhalten von Fast Moving Consumer Goods (FMCG) sprechen eine beunruhigende Sprache: Die Markenpräferenz geht immer stärker zurück, immer mehr Konsumenten haben bei Alltagsprodukten wie Rasierern, Putzmitteln oder Babynahrung „no brand preference“.
Parallel dazu entwickelt sich die Markentreue gegenüber Läden und Kaufhäusern jedoch positiv: „Whatever the retailer has on the shelf, I’ll buy“ – die Motivation, für eine bestimmte Produktmarke extra Wege zurückzulegen, sinke. Was bedeutet das für die Marketer? „If you’re not in the store, you’ve got a problem“, so Schultz, denn Konsumenten sei es immer gleichgültiger welche Marke sie kaufen.
That’s not good news
Keine rosigen Aussichten – vor allem für Premiummarken, konstatiert Schultz und analysiert, wie es zu diesen Veränderungen kam: Während Social Media von vielen Marketern als der Ritter in der weißen Rüstung gesehen werde, der zur Rettung der Marken eile, werde es gleichzeitig gerade aufgrund der veränderten Mediennutzung immer schwieriger, Konsumenten anzusprechen. Tatsächlich sei eine gesteigerte Markenloyalität aufgrund von Social Media-Präsenz nicht nachweisbar.
Traditional media losing influence, being replaced by social media.
Die Mediennutzung verändere sich drastisch, „the more people use social media, the less they use traditional media“. Auch wenn klar sei, dass neue Medien für das Marketing anders zu gebrauchen wären als traditionelle Kanäle wie Fernsehen und Radio, wären die meisten Marketer vom Umgang mit dem neuen Mediennutzungsverhalten noch überfordert – so werde Social Media vom weißen zum schwarzen Ritter.
„Social media splits society in little pieces, and we have to reassemble those“, schildert Schultz die primäre Herausforderung für Markenverantwortliche: Während früher Massenmedien tatsächlich auch massenhaft Publikum erreichten, sich etwa die ganze Familie vor US-amerikanischen Fernsehshow „I love Lucy“ versammelte, wird die breite Masse zunehmend fragmentiert, diffus und isoliert – und so für Marketingkommunikatoren immer schwieriger zu fassen.
Mass market society declines – rethink basic brand concepts!
Die meisten großen Marken wurden in den 80er und 90er Jahren für den damaligen Massenmarkt entwickelt. Markentheorien würden den gesellschaftlichen Entwicklungen also hinterherhinken, es bräuchte dringend neue Markenkonzepte, die aktuellen Gegebenheiten mitdenken. „Do brands really require mass media?“, fragt Schultz und plädiert für einen Shift weg von Markenmodellen, die die Einstellungen der KonsumentInnen fokussieren, hin zu jenen, die deren konkretes Verhalten in ihr Zentrum rücken: „What‘s important is not how consumers feel about a brand, but what they do with it!“.
In der anschließenden Diskussion mit den zahlreich erschienenen Praktikern, Studierenden, Lehrenden und Alumnis wurde vor allem die Frage diskutiert, wie nun von Seiten des Marketing mit diesen Herausforderungen umzugehen wäre. Sollten etwa Nischenmärkte verstärkt angesprochen werden? Dies bejahte Schultz: „in the past, brands were build for scale and a global audience. The question is: can I build a brand for a community?“. Schultz zog hier besonders die Wissenschaft zur Verantwortung, die mit neuen Studien, Modellen und Theorien den Weg für das neue Marketing-Zeitalter ebnen müssen.
Die Masterstudierenden des Studiengangs Kommunikationsmanagement konnten direkt danach im Rahmen der Lehrveranstaltung „Integriertes Kommunikationsmanagement“ gemeinsam mit Don Schultz weiter in die Zukunft denken. Auch Schultz‘ Frau Heidi ist in den kommenden Tagen an der FHWien der WKW zu Gast – „she’s the one who can answer the really hard questions“, so ihr Ehemann. Heidi Schultz wird Bachelorstudierenden des Studiengangs Kommunikationswirtschaft ihre Sicht auf Marketing näherbringen.
Niko Pabst, Marketing & Sales-Absolvent der FHWien der WKW und Geschäftsführer des Marketing Club Österreich, schloss den Abend gemeinsam mit Sieglinde Martin, Leiterin des Instituts für Kommunikation, Marketing und Sales und lud die ZuhörerInnen noch zu kommenden Veranstaltungen des Clubs ein.
Text: Maria Schreiber, Fotos: Betti Plach
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